TDS 2012 (Sur les Traces des Ducs de Savoie)

05/04/2013 § Hinterlasse einen Kommentar

Am 30.08.2012  um 7 Uhr startete der TDS pünktlich in Cormayeur (Bild vom Start) und ich war mittendrin in einem Pulk von 1.670 Läufern aus aller Welt. In den nächsten 31 Stunden sollten 114 km mit 7150 Höhenmetern gelaufen werden.

Hinter mir lagen  lange und harte Monate intensiven Trainings, Recherche und genauester Planung. Doch dieser enorme Aufwand sollte nur der Probelauf für meinen großen Traum sein, den UTMB eines Tages zu erfolgreich zu beenden.

Immer wieder musste ich schon in der Vorbereitungsphase meine ehrgeizigen Trainingspläne nach unten korrigieren. Aus geplanten 4000 Trainingskilometern wurden schnell 3000 km, aber selbst die waren nicht erreichbar nachdem ich in der letzten und wichtigsten Phase des Trainings fast zwei Wochen krank war. Es blieben noch 3 Wochen bis zum TDS um wieder fit zu werden. Was aber von meiner Ausdauer geblieben war, die ich mir an der Zugspitze  und durch meine 2700 Trainingskilometer geholt hatte war nicht vorherzusagen.

Trotzdem freute ich mich sehr auf dieses Abenteuer, zehrte ich doch innerlich immer noch von den tollen Erlebnissen beim Zugspitz Ultratrail 2012.

Als wir uns am Tag vor dem Lauf in Chamonix bei besten Wetter die Startnummern abholten, war die Stimmung der Läufer angespannter als sonst. Die Wetterprognose war schlecht. Dauerregen und Gewitterstürme, Schnee und Nebel ließen eine Absage des Laufes befürchten. Am späten Nachmittag ging ein schweres Gewitter über Chamonix hinweg, das mich fast sicher machte das der Lauf abgesagt wird.

Doch das Wetter in den Bergen ist ja bekanntermaßen sehr wechselhaft. Am nächsten Morgen um 4 Uhr, pünktlich zur Abfahrt des Busse nach Cormayeur hörte der Regen auf. Wir Läufer wurden durch hervorragend organisierte Shuttlebusse und das Mont-Blanc-Tunnel auf die andere Seite, nach Cormayeur gebracht. Leider fing hier eine Kette von kleineren Missgeschicken an, die sich später noch sehr negativ auswirken sollten.

Kaum in Italien angekommen verfuhr sich der Busfahrer und schaffte es erst nach einer halben Stunde die richtige Ausfahrt zu treffen. Doch das fand ich nicht weiter schlimm, war doch noch jede Menge Zeit bis zum Start. Als ich mit Schrecken bemerkte das mein mit einem Karabiner befestigte Trinkbecher (Teil der Pflichtausrüstung ohne den man disqualifiziert wird) fast verloren gegangen wäre, weil beim aussteigen aus dem Bus mir jemand auf den Rucksack getreten war. Zudem war meine Startnummer abgerissen.

Zum Glück hatte ich Verbandsmaterial (zum flicken der Startnummer) dabei und ein Ersatzkarabiner fand sich  auch noch ein. Bei dieser hektischen Aktion hatte ich mir leider selbst das Mundstück meines Trinkschlauches abgerissen und damit meinen Wasservorrat dezimiert. Mir war klar, falls sich das Mundstück nicht mehr einfindet, wäre der Lauf für mich beendet bevor er begonnen hatte.  Nach einer halben Stunde intensiven Suchens auf dem Boden und inmitten einer Menschenmenge fand sich das Mundstück doch noch an. Ich war froh und alles schien sich doch noch zum Guten zu wenden.

Schon kurz danach fiel der Startschuss und die Masse setzte sich langsam in Bewegung. Kurze Shakehands mit Madame Poletti, der Organisatorin des Laufes die es sich nehmen ließ die Läufer persönlich zu begrüßen. Nach einer sehr schönen Runde durch die Stadt ging es sehr bald bergauf. Schnell merkte ich das ich viel zu warm angezogen war. Ich hielt deshalb an um meine Sachen zu wechseln.

Plötzlich lag ich an ungewohnter letzter Stelle, was mich aber nicht weiter beunruhigte, lagen doch ca. 30 Stunden vor mir, genug Zeit den Rückstand aufzuholen. Von nun an ging es stetig bergauf und ich versuchte so Kraft sparend wie möglich mich weiter nach vorn zu arbeiten. Nach einigen Kilometern hörte ich dann auch ein paar deutsche Läufer und erkannte sogleich das es sich um zwei Bekannte aus einem Laufforum handelte. Nach der ersten Verpflegungsstation  am Col Checkrouit auf ca. 2000 Meter trennten sich unsere Wege wieder und ich ging mein Tempo weiter. Es begann immer stärker zu regnen und mit zunehmender Höhe wurde es immer kälter.

Irgendwann stand ich dann auf einmal an einer steilen Felswand, in einer Reihe mit ca. 1000 anderen Läufern. Es ging gar nichts mehr vorwärts und es war klar das diese Engstelle sehr viel Zeit kosten würde. Nach einer Stunde war ich dann endlich durch diese Engstelle durch und überquerte den Col de Youlaz (2661 m). Da oben war leider keine schöne Aussicht. Es war sehr kalt und unangenehm nasskalt. Meine Hände waren schon steif vor Kälte. Doch zum Glück hatte ich ja noch zwei Ersatzhandschuhe dabei. Bergab versuchte ich den Rückstand etwas aufzuholen, was mir trotz der Engstellen auch gelang. In La Thuile kam ich dann 16 Minuten vor dem Cuttoff an.

Mir war klar das ich nicht viel Zeit verlieren durfte und machte mich nach einer sehr kurzen Pause auf den Weg. Noch immer regnete es. Das war im Tal kein Problem. Oben auf dem Berg wenn noch Wind dazu kam konnte das sehr wohl problematisch werden. Ich freute mich auf den Col  Petit St. Bernard, den ich als Radfahrer schon kennen und schätzen gelernt hatte.  Doch leider war im Dauerregen und Nebel nicht von der tollen Landschaft zu sehen. Trotzdem kam ich stetig voran. Ich hatte mein Tempo gefunden und das Wetter machte mir inzwischen nichts mehr aus. Oben auf dem Gipfel gab es die leckerste Nudelsuppe des ganzen Rennens. Die Wärme tat mir gut und auch die Kohlenhydrate waren willkommen.

Der Abstieg nach Bourg St. Mourice war moderat und bot mir die Gelegenheit den Vorsprung zum Cutoff etwas zu vergrößern. Unten im Tal kam dann sogar die Sonne kurz raus und ich kam ins Schwitzen. Am Verpflegungspunkt hatte ich mir einen Vorsprung von 45 Minuten auf den Cutoff erarbeitet. Ich fühlte mich immer noch fit und freute mich schon auf den jetzt kommenden schwersten Teil der Strecke. Auf dem Weg zum Passeur de Pralognan waren 1800 Höhenmeter innerhalb von 12 Kilometern zu bewältigen. Obendrein kündigte sich die Dunkelheit an. Der Blick ins Tal von Bourg St. Mourice war fantastisch, ein wirklich schönes Fleckchen Erde. Doch je höher ich kam um so mehr Läufer kamen mir entgegen. Das verwunderte mich doch etwas, doch weitere Gedanken machte ich mir nicht darüber. Der Regen wurde immer stärker, der Wind nahm immer mehr zu.

Es wurde immer schlammiger und ein Vorwärtskommen war ohne Stöcke fast unmöglich. Inzwischen sah ich das immer mehr Läufer aufgaben und die Gelegenheit am Col de la Forclaz nutzten auszusteigen.  Inzwischen war es komplett dunkel und je höher ich kam um so dichter wurde der Nebel. Immer wieder verlief ich mich im schweren Gelände weil die Streckenmarkierungen im aufgeweichten Boden umgekippt waren und deshalb nicht mehr zu sehen waren. Der Berg nahm und nahm kein Ende. Ich musste immer wieder kurze Pausen einlegen, um Kräfte für den kommenden Abstieg zu sparen. Kurz nach 22 Uhr hatte ich dann endlich den Gipfel erreicht. Inzwischen lag ich eine Stunde hinter meinem Zeitplan und nur noch knapp vor dem Cutoff.  Streckenposten sprachen jeden Läufer an warnten sehr eindringlich das die kommende Passage extrem gefährlich war. Das war auch nicht übertrieben. Der Klettersteig wäre schon bei idealen Bedingungen sehr schwer gewesen, aber inzwischen war es durch den extrem klitschigen Schlamm sehr gefährlich. Viele Läufer hatten sichtlich Angst und deshalb staute es sich an dieser Engstelle. Wieder verlor ich mindestens eine halbe Stunde nur durch warten und kühlte immer mehr aus.

Viele Läufer stürzten beim Abstieg immer wieder, doch soweit ich es mitbekommen habe gab glücklicherweise es keine ernsthaften Zwischenfälle. Viel langsamer als erwartet konnte ich absteigen bzw. den Berg hinab schliddern. An ein vernünftiges laufen war nicht im geringsten zu denken. Meine Hände waren komplett steif vor Kälte, so das ich sie kaum noch spürte. Auch die Beine wurden vor Kälte immer steifer.

Jetzt wären warme Wechselklamotten eine praktische Sache gewesen. Doch beim TDS waren Dropbags nicht vorgesehen und mein Rucksack war natürlich schon lange komplett durch und alles was darin war natürlich nass. An wasserdichte Verpackung des Inhalts hatte ich nicht gedacht. Ein Fehler der sich bitter rächte. Der nächste Verpflegungspunkt in Cormet de Roselend war nicht mehr weit, aber danach kam ein lange Strecke in 2000 m Höhe. Hier waren -4 °C und starker Wind vorrausgesagt. Selbst wenn  ich es noch schaffen sollte rechtzeitig vor dem Cuttoff am Verpflegungspunkt zu sein, wäre der restliche Weg in nassen Klamotten alles andere als ein Zuckerschlecken. Langsam setzte sich die Vernunft in mir durch. Ich fragte mich ob das Risiko sich schwer zu verletzen  oder extrem zu unterkühlen es wert sind. Die notwendigen Punkte für meinen großen Traum den UTMB 2013 hatte ich glücklicherweise schon zusammen.

Je näher ich dem Verpflegungspunkt kam um so sicher wurde ich mir, das dies die klügere Entscheidung ist. Pünktlich auf die Minute kam ich als Letzter vor dem Cutoff in Cormet de Roselend an. Christian wartete dort schon seit Stunden auf mich.

Auch er war erleichtert das bei mir die Vernunft gesiegt hatte. Die selbe Entscheidung hatten an dieses Station 500 andere Läufer auch getroffen. Was für den Veranstalter ein Problem darstellte. Viele Läufer mussten viele Stunden in einem überfüllten Zelt ausharren, bis die Busse auch den letzten Läufer nach Chamonix zurück brachten. Dank Christian ging es mir da viel besser. Nach 1,5 Stunden rasanter Fahrt durch die nächtlichen Alpen kamen wir in unserem Hotel an.

Erstmals hatte ich ein Rennen aufgegeben und war deshalb traurig.  Andererseits war ich stolz darauf rechtzeitig die vernünftigste Entscheidung getroffen zu haben. In jedem Falle war es eine toller Erfahrung und ich habe vieles gelernt was mir helfen wird den UTMB 2013 zu finishen.

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